Kurz und knapp – die wichtigsten Veranstaltungsinhalte im Überblick:

  • Kooperative Planung bedeutet gemeinsames Handeln und Dialog auf Augenhöhe: Statt fertige Konzepte „von oben“ vorzugeben, setzt Kooperative Planung auf Beteiligung und gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Fachkräften, Verwaltung, Politik und Betroffenen – nur so entstehen nachhaltige und akzeptierte Lösungen in der Gesundheitsförderung.
  • Das Praxisbeispiel „BIG – Bewegung als Investition in Gesundheit“ zeigt: Beteiligung wirkt.
  • Der Mehrwert für Kommunen: Hilfreich ist es, an bestehende Themen und Herausforderungen anzuknüpfen und konkrete Vorteile wie z. B. einen effizienten Ressourceneinsatz, passgenaue Lösungen und Imagegewinn aufzuzeigen.
  • Die Planungsgruppen leben von Vielfalt und guter Moderation: Es gibt keine Mindestanforderungen an die Zusammensetzung, jedoch hilfreiche Tipps, wie es gelingen kann, wichtige Stakeholder einzubinden.
  • Kooperative Planung erfordert eine strukturierte Prozessbegleitung, gemeinsame Visionen und politischen Rückhalt: Die Haltung, Motivation und Rahmenbedingungen sind dabei besonders entscheidend für den Erfolg.
  • Beteiligung ist ein lernender Prozess: 100 % Partizipation ist selten erreichbar – entscheidend ist, Beteiligung kontinuierlich zu reflektieren und aus Erfahrungen zu lernen. Das Netzwerk Kooperative Planung bietet dafür eine wertvolle Plattform.

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Gemeinsam planen, gemeinsam gestalten: Wie Kooperative Planung neue Wege in der Gesundheitsförderung eröffnet

Was passiert, wenn Fachkräfte, politische Entscheidungsträgerinnen bzw. Entscheidungsträger, Verwaltung und Betroffene nicht nur nebeneinander, sondern miteinander planen? Die Antwort liefert der partizipative Ansatz der Kooperativen Planung – ein Verfahren, das auf Dialog, Augenhöhe und gemeinsames Handeln setzt, denn „Kooperative Planung ist der Ansatz, der den Unterschied macht“ (Zsuzsanna Majzik). Im Zentrum steht die Idee, dass nachhaltige Lösungen nur dann entstehen, wenn alle relevanten Perspektiven gehört und ernst genommen werden. Statt fertige Konzepte „von oben“ vorzugeben, geht es darum, gemeinsam zu verstehen, was gebraucht wird – und wie es umsetzt werden kann.

Trotz alledem ist der Ansatz der Kooperativen Planung bislang vielen Fachkräften aus der Verwaltung, dem Gesundheitswesen, der Sozialen Arbeit, Politik und Wissenschaft noch kaum ein Begriff. Dies zeigte auch die Befragung zu Beginn der Online-Veranstaltung, zu der Laura Anderle, Referentin der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit (KGC) Bayern, 72 Teilnehmende begrüßte: mehr als die Hälfte der Teilnehmenden verfügte bislang über keine Vorerfahrungen mit Kooperativer Planung oder anderen partizipativen Ansätzen. Lediglich ein kleiner Teil konnte bereits erste Erfahrungen vorweisen oder plant, den Ansatz der Kooperativen Planung künftig gezielt in der eigenen Arbeit einzusetzen.

Daher veranstaltete die KGC Bayern am 27.06.2025 die Online-Veranstaltung „Prävention gemeinsam gestalten: Einführung in den partizipativen Ansatz der Kooperativen Planung“. Dabei wurden die theoretischen Grundlagen des Ansatzes sowie dessen gelungene Praxisumsetzung vorgestellt und das Potenzial der Kooperativen Planung für mehr gesundheitliche Chancengleichheit herausgestellt.

Einblick in die Online-Veranstaltung
Von links oben nach rechts unten: Laura Anderle, Lene Herrigel, Anna Gsödl, Andrea Wolff, Alexandra Petzinger (alle von der KGC Bayern), Zsuzsanna Majzik (Landeshauptstadt München) und Jana Ziemainz (Stadt Erlangen).

Zu Beginn der Veranstaltung richtete Andrea Wolff, Geschäftsführerin der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V. (LZG) und Leitung der KGC Bayern, als „hoffnungslose Überzeugungstäterin“ des Ansatzes der Kooperativen Planung, ihr Grußwort an die Teilnehmenden und betonte dabei, wie wichtig es für Projekte im Bereich der Gesundheitsförderung ist, alle Perspektiven einzubeziehen, um passende, nachhaltige und akzeptierte Maßnahmen zu entwickeln.

Kooperative Planung ist keine Eintagsfliege

In die theoretischen Grundlagen des Ansatzes der Kooperativen Planung führte Zsuzsanna Majzik, Leitung des Sachgebiets „Sonder- und strategische Themen“ im Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München und Prozessbegleitung im GROW HAPPY NBG Projekt ein. Dabei ging Sie zunächst darauf ein, dass Akzeptanz eines Projekts der Schlüssel zur Nachhaltigkeit ist und dass diese durch Partizipation sichergestellt werden kann. Dazu benötigt es im „Querschnittsthema Gesundheit viele Schultern, auf denen Aufgaben verteilt werden können“, sowie ein „gemeinsames Planen“ statt ein „über andere entscheiden“. So können langfristig Maßnahmen entwickelt werden, die wirklich gebraucht und genutzt werden. Besonders macht den Ansatz die kontinuierliche, strukturierte und gleichberechtigte Zusammenarbeit der Planungsgruppe (bestehend aus Fachkräften, Betroffenen, Politik und Verwaltung) auf Augenhöhe aus. In der Planungsgruppe kann Wissen gebündelt sowie Verantwortung geteilt und gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden. Kooperative Planung bedarf dabei eine gute Prozessvorbereitung, Moderation, gemeinsame Vision und Haltung, Motivation, Ausdauer sowie politischen Willen.

Präsentation: „Prävention gemeinsam gestalten: Einführung in den partizipativen Ansatz der Kooperativen Planung“; Zsuzsanna Majzik, Landeshauptstadt München

Das BIG-Projekt zeigt, wie Kooperative Planung gelingen kann

Wie die Kooperative Planung in der Praxis umgesetzt werden kann, verdeutlichte Andrea Wolff (LZG Bayern & KGC Bayern) in Ihrer Vorstellung des Praxisprojektes „BIG – Bewegung als Investition in Gesundheit“, das vom „Department für Sportwissenschaft und Sport – Arbeitsbereich Bewegung und Gesundheit“ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2005 entwickelt und wissenschaftlich begleitet wurde. Das Projekt wird mittlerweile an 17 Projektstandorten umgesetzt und richtet sich an Frauen in schwierigen Lebenslagen (wie z. B. Alleinerziehende, Frauen mit niedrigem Einkommen oder in der Erwerbslosigkeit sowie Migrantinnen) und soll diesen den Zugang zu Bewegung erleichtern, da sich „statistisch gesehen insbesondere Frauen mit geringem sozioökonomischem Status in Deutschlang zu wenig bewegen“. Dabei wurden die Angebote nicht vorgegeben, sondern gemeinsam mit den Frauen in einem Kooperativen Planungsprozess geplant, und so maßgeschneiderte Bewegungsangebote geschaffen, die niedrigschwellig, wohnortnah und nachhaltig sind. Dabei stellten Aspekte wie die Kinderbetreuung während der Angebote, die Erreichbarkeit, ethnische Hintergründe sowie sprachliche Hürden Barrieren dar, die es zu berücksichtigen galt. Mittlerweile werden in Erlangen jährlich knapp 800 Teilnehmerinnen erreicht. Frau Wolff unterstrich dabei jedoch, „[, dass] man nicht gleich zu Beginn 100 Teilnehmende erwarten darf. Es muss zunächst Vertrauen aufgebaut werden. Die Teilnehmenden erzählen es dann weiter und können auch andere davon begeistern“. Am Ende betonte Andrea Wolff, dass durch die Entwicklung geeigneter Angebote nicht nur konkrete Maßnahmen entstehen, sondern auch Netzwerke und Strukturen aufgebaut werden können. Darüber hinaus kann ein besseres Verständnis bei den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern gefördert sowie die Selbstwirksamkeit der Betroffenen gestärkt werden.

Präsentation: „Praxisprojekt BIG“; Andrea Wolff, LZG Bayern & KGC Bayern

Nach einer kurzen Bildschirmpause teilten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen auf und bearbeiteten in Workshops verschiedene Teilaspekte. Die Ergebnisse der Workshops wurden im Nachgang im Plenum zusammengetragen.

Wie überzeuge ich meine Kommune davon, mit Kooperativer Planung zu arbeiten?

Den ersten Workshop leitete Jana Ziemainz von der Stadt Erlangen (Amt für Sport und Gesundheitsförderung, Sportentwicklung im VERBUND-Projekt). Nach einem kurzen Austausch über die Hintergründe und Vorerfahrungen der Teilnehmenden begann der Workshop mit einem Rollenspiel: Die Aufgabe bestand darin, eine Bürgermeisterin bzw. einen Bürgermeister in einem Fahrstuhl innerhalb von zwei Minuten vom Vorhaben und dem Ansatz der Kooperativen Planung zu überzeugen. Die Workshopteilnehmenden erarbeiteten Argumente, die für Kooperative Planung sprechen. Als hilfreich empfunden wurde z. B. die Anbindung an ein aktuelles Thema, das in der Kommune bereits auf der Agenda steht. So kann der Ansatz dort anknüpfen, wo ohnehin Handlungsbedarf besteht, und konkrete Mehrwerte schaffen. Weiter wurden befürwortende Argumente wie die Kostenreduktion durch passgenaue Lösungen sowie der Perspektivwechsel, der zu einem gegenseitigen Verständnis und Vertrauen zwischen Politik, Verwaltung und der Bürgerschaft führen kann, zusammengetragen. Auch die Öffentlichkeitswirksamkeit spricht für den Ansatz: Beteiligung zeigt Dialogbereitschaft und kann das Image der Kommune verbessern. Erfolgreiche Praxisbeispiele aus anderen Orten zeigen, dass Kooperative Planung funktioniert. Nicht zuletzt kann es sinnvoll sein, im Kleinen zu starten – etwa in einer einzelnen Kommune, bevor die Ausweitung auf den Landkreis erfolgt. So lassen sich erste Erfahrungen sammeln und Erfolge sichtbar machen.

Präsentation: Workshop 1 „Wie überzeuge ich meine Kommune davon, mit Kooperativer Planung zu arbeiten?“; Jana Ziemainz, Stadt Erlangen

Wie gewinne ich die Teilnehmenden für die Planungsgruppe?

Im zweiten Workshop, der von Andrea Wolff (LZG Bayern & KGC Bayern) gestaltet wurde, diskutierten die Workshopteilnehmenden, wie Planungsgruppen im Rahmen kooperativer Planung erfolgreich zusammengesetzt und gestaltet werden können. Der Fokus lag auf drei zentralen Aspekten: den Mindestanforderungen an die Planungsgruppe, der Beteiligung von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung sowie dem Einbezug politischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger. Die Teilnehmenden kamen überein, dass es keine festen Mindestanforderungen an die Zusammensetzung der Planungsgruppe gibt. Entscheidend sind vielmehr eine gute Vorbereitung und professionelle Moderation, um eine produktive und inklusive Zusammenarbeit zu ermöglichen. Besonders betont wurde, dass auch Menschen mit geistiger Beeinträchtigung aktiv in Planungsprozesse eingebunden werden können – mit dem klaren Appell: „Keine Angst vor der Zielgruppe“. Oft bestehen Sorgen, dass Beteiligung überfordert oder nicht wirksam ist, doch die Erfahrung zeigt: Mit entsprechender Unterstützung und Struktur gelingt Teilhabe – und bereichert den Prozess. Wichtig ist, dass Beteiligung zu jeder Projektphase möglich ist – auch ein späterer Einstieg ist sinnvoll und wirksam. Für die Einbindung politischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger wurde empfohlen, Termine frühzeitig zu planen und bewusst in Zeitfenstern zu legen, die außerhalb klassischer Besprechungszeiten liegen – etwa zur Mittagszeit und mit Verpflegung. Gerade in kleineren Kommunen sind ehrenamtliche Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister oft schwer erreichbar, aber zugleich sehr engagiert. Ihre Beteiligung kann besonders wertvoll sein und sollte gezielt gefördert werden. Andrea Wolff gab den Workshopteilnehmenden zum Schluss als Tipp mit auf den Weg: „offene Türen zu nutzen“ – dabei aber niemanden zu übergehen und wichtige Akteurinnen und Akteure rechtzeitig zu informieren.

Welche Faktoren braucht es, damit Gesundheitsförderung mit Kooperativer Planung gelingt?

Im dritten Workshop, geleitet von Zsuzsanna Majzik (Landeshauptstadt München), stand die Frage im Mittelpunkt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Gesundheitsförderung durch kooperative Planung gelingen kann. Die Teilnehmenden waren sich schnell einig: Die Haltung ist entscheidend. Wenn die innere Haltung stimmt – offen, zugewandt und vertrauensvoll – können auch komplexe Prozesse erfolgreich gestaltet werden. Gleichzeitig wurden strukturelle und mentale Hürden benannt, die kooperative Planung aktuell erschweren, wie z. B. die Skepsis gegenüber dem Ansatz, die Länge des Prozesses, Zweifel an der Notwendigkeit, ein mangelndes Zutrauen zur Zielgruppe sowie die Haltung, dass Fachkräfte „es besser wissen“. Dem gegenüber stehen zahlreiche Ressourcen und Potenziale, die genutzt werden können, wie z. B. die Motivation, funktionierende Netzwerke, die eigene Haltung, Erfahrungen aus Best-Practice-Projekten sowie der Austausch mit anderen, die bereits erfolgreich kooperativ gearbeitet haben. Als zentrale Erfolgsfaktoren wurden Ausdauer, ein interessantes Thema, politischer Rückhalt, ein tragfähiges Netzwerk sowie ein passender organisatorischer Rahmen (z. B. auf Stadt- oder Landkreisebene) hervorgehoben. Besonders betont wurde, dass nicht allein der Inhalt, sondern vor allem der gemeinsame Prozess über den Erfolg entscheidet. Zudem wurde deutlich: Kooperative Planung kann helfen, vorhandene Mittel gezielter und wirkungsvoller einzusetzen – gerade in einem Feld, in dem Ressourcen oft knapp und ihre Wirkung entscheidend sind.

Das Netzwerk Kooperative Planung

Zum Abschluss der Veranstaltung stellte Laura Anderle (KGC Bayern) das Netzwerk Kooperative Planung vor, welches als „Austauschformat [dient], um voneinander zu lernen und gemeinsam den Ansatz der Kooperativen Planung zu optimieren und weiterzuentwickeln“. Mittlerweile umfasst das Netzwerk 40 Akteurinnen und Akteure, die sich zwei Mal im Jahr digital rund um das Thema Kooperative Planung austauschen und gemeinsam die Ziele des Netzwerkes umsetzen. Das Netzwerk lebt von vielfältigen Sichtweisen, daher ist bundesweit jede und jeder willkommen – ob mit langjähriger Erfahrung oder frischem Blick, aus der Praxis oder der Wissenschaft. Das nächste Mal trifft sich das Netzwerk am 17.10.2025 und nimmt dabei die Einbindung von Kindern und Jugendlichen in die Planungsgruppe in den Fokus.

Präsentation: „Vorstellung des Netzwerk Kooperative Planung“; Laura Anderle, KGC Bayern

Wirksame Beteiligung entsteht Schritt für Schritt

Am Ende der Veranstaltung blieb als zentrale Erkenntnis bestehen: 100 % Partizipation und Kooperative Planung sind selten erreichbar – entscheidend ist, das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten zu machen, Beteiligung so umfassend wie möglich zu gestalten und anschließend gemeinsam zu reflektieren: „Was hat gefehlt? Und wie kann es beim nächsten Mal noch besser gelingen?“.

Haben Sie Fragen zur Arbeit der KGC Bayern? Vielleicht möchten auch Sie Aktivitäten oder Projekte zur Förderung der gesundheitlichen Chancengleichheit ins Leben rufen? Oder Sie wollen ein neues Projekt mit dem Ansatz der Kooperativen Planung starten oder überlegen, wie Sie in Ihrer aktuellen Arbeit die Zielgruppe mithilfe der Kooperativen Planung besser einbeziehen können?

Wenden Sie sich für eine kostenlose Beratung gerne an das Team der KGC Bayern. Wir beraten Sie digital oder in Präsenz zur praktischen und methodischen Umsetzung der Kooperativen Planung. Sollten Sie in Ihrem Aufgabenbereich mit dem Ansatz der Kooperativen Planung arbeiten wollen und eine erfahrene Prozessbegleitung wünschen, können Sie sich gerne an uns bezüglich eines Angebots wenden. Mehr Informationen finden Sie hier.