Vernetzung und integriertes Handeln gehören zu den zentralen Erfolgsfaktoren im Projekt „GESTALT“. Das Ziel des Projekts, Demenz vorzubeugen und einen aktiven Lebensstil bei älteren Menschen zu fördern, wird durch die Zusammenarbeit für das Thema wichtiger Akteurinnen und Akteure aus verschiedenen Institutionen in der Kommune erreicht.

Zielgruppe: Personen (60plus), die Risikofaktoren für eine demenzielle Erkrankung aufweisen. Hierzu zählen u. a. eine geringe körperliche Aktivität, geringe Sozialkontakte und soziale Benachteiligung.

Projektnehmende:  GESTALT, Projekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Projektlaufzeit:  Januar 2010 – kein Ende geplant

Video: Aus der Praxis für die Praxis – Vernetzung im Projekt „GESTALT“

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Weitere Informationen zu den einzelnen Good Practice Kriterien, u.a. „Vernetzung“, finden Sie hier.

Zielgruppe des Projekts – wer und warum?

Die Intervention möchte Erwachsene in höherem Alter (60 plus), die Risikofaktoren für demenzielle Erkrankungen aufweisen, bei denen aber noch keine derartige Erkrankung diagnostiziert wurde, erreichen. Studien haben eine Vielzahl an modifizierbaren und nicht modifizierbaren Risikofaktoren für Demenzen identifiziert. Modifizierbare Faktoren sind kardiovaskuläre Risikofaktoren (Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht), psychologische Risikofaktoren (Depression) und behaviorale Faktoren (körperliche und kognitive Inaktivität, Rauchverhalten, Alkoholkonsum) und sozio-kulturelle Risikofaktoren (niedriger Bildungsstatus, niedriges Einkommen, alleinlebend, soziale Isolation).

Umsetzung und Projekterfolg – wie und was?

Das GESTALT-Projekt startete 2010 und untersuchte die Implementierung eines 40 Übungseinheiten umfassenden bewegungsfördernden Interventionskonzepts zur Prävention demenzieller Erkrankungen in die Praxis (GESTALT I). Als Partner für die Erprobung und Umsetzung konnte die Stadt Erlangen gewonnen werden.

GESTALT II (ab 2012) fokussierte verstärkt die Erreichung von sozial benachteiligten, körperlich inaktiven und sozial isoliert lebenden Menschen.

Im Rahmen des GESTALT-kompakt Projekts (2014) wurde das ursprüngliche 40 Einheiten lange GESTALT-Bewegungsprogramm in eine verkürzte 12-wöchige „kompakte“ Version umgestaltet. Das Konzept wurde in den bayerischen Kommunen Erlangen und Schwabach erprobt. GESTALT-kompakt ist inzwischen das Bewegungsprogramm, das für die meisten Kommunen die passendste Struktur bietet und umgesetzt wird.

Ab 2017 wurden Wege erprobt, das Projekt auf andere Kommunen zu übertragen (Scaling up). Dabei sollte mittels einer kooperativen Planung in den Kommunen Strukturen zur Gewinnung schwer erreichbarer Seniorinnen und Senioren entwickelt und verankert werden, z. B. der Aufbau eines Multiplikatoren-Netzwerks. GESTALT konnte auf diese Weise in der Gesundheitsregionplus Neustadt a. d. Aisch – Bad Windsheim und in der Stadt Beckum (Nordrhein-Westfalen) umgesetzt werden.

In dem Projekt GESTALT – Get 10 sollen in zehn bayerischen Kommunen bewegungsfreundliche Strukturen auf- und ausgebaut und das GESTALT-Bewegungsprogramm verstetigt werden. Das durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag und mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Bündnis) geförderte Projekt wird bis August 2024 in den Partnerkommunen Regensburg, Memmingen, Fürth, Landkreis Ostallgäu, Altdorf bei Nürnberg, Landkreis Kulmbach, Selb bzw. Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge, Bamberg, Würzburg und Weiherhammer durchgeführt.

Vorbereitung sowie Nutzung und Aufbau von Strukturen

Im Rahmen des Projekts werden verschiedene Akteurinnen und Akteure in einem partizipativen Ansatz an der Planung und Umsetzung des Bewegungsprogramms beteiligt (Kooperative Planung). Dabei soll die Zusammensetzung der Planungsgruppe möglichst vielfältige Perspektiven abbilden. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Zielgruppe (Kursteilnehmende und Übungsleiterinnen und Übungsleiter) sind Teil der Planungsgruppe. Das Netzwerk, das nachhaltig etabliert werden soll, bietet eine Plattform zur strategischen Planung, zur Entwicklung neuer Ideen und zur Suche nach Wegen zur Verstetigung des Bewegungsprogramms und der Koordinierungsstelle.

Damit Strukturen aufgebaut, Kurse organisiert und Adressatinnen und Adressaten für das Bewegungsangebot gezielt angesprochen werden können, ist eine kommunale Koordinierung des GESTALT-Projekts von zentraler Bedeutung. Konkret liegen die Aufgaben im Aufbau und der Pflege eines Netzwerks, das die Planung, Umsetzung und Verstetigung von GESTALT unterstützt, qualifizierte Übungsleitungen und Räumlichkeiten zu finden, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für interessierte Personen zu sein und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Die Kommunen werden durch das Department für Sportwissenschaft und Sport der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Rahmen der Projektphase wissenschaftlich begleitet und bei der Umsetzung unterstützt.

Bedarfsanalyse

Ausgangslage für GESTALT-Projekte ist eine Analyse der Sozialstruktur in der Kommune, der vorhandenen Angebote sowie der Bedarfe und der verfügbaren Institutionen, Akteurinnen und Akteure und Infrastrukturen, die für die Projektumsetzung zur Verfügung stehen.

Inzwischen sind der demografische Wandel und von den Kommunen erarbeitete seniorenpolitische Gesamtkonzepte wichtige Ansatzpunkte für die Entscheidung, ein GESTALT-Projekt zu initiieren.

Maßnahmenplanung und -umsetzung

In der Regel wird von den Kommunen das GESTALT-kompakt Programm durchgeführt. Mit seinen 12 Übungseinheiten und sechs Exkursionen passt es am besten in die Präventionspraxis vieler Anbieterinnen und Anbieter.

Das GESTALT-kompakt Bewegungsangebot folgt einer aufeinander aufbauenden Struktur entlang der drei Hauptbewegungsformen Gehen, Spielen und Tanzen:

In den ersten drei Übungseinheiten lernt sich die Gruppe kennen, und es werden erste Bewegungserfahrungen gesammelt. In den Übungseinheiten 4 bis 9 wird der Transfer von mehr körperlicher Aktivität in den Alltag vorbereitet und initiiert. In der letzten Stufe stehen die Selbstbestimmung sowie die Verstetigung im Fokus.

Ziel ist es, bei den Teilnehmenden, nachhaltige Effekte zu erzielen und den Spaß an Bewegung auch langfristig aufrechtzuerhalten. Unterstützt wird dieses Ziel durch drei angeleitete Exkursionen in Stufe 3. In Begleitung der Übungsleitung sollen die Teilnehmenden neue Bewegungsangebote kennenlernen, die im kommunalen Umfeld bereits bestehen.

Durch die Anwesenheit der Übungsleitung sowie der Gruppe, werden die Zugangsbarrieren abgebaut und es ist möglich, einmal unverbindlich in neue Angebote hineinzuschauen. In Stufe 4 sollen die Teilnehmenden dann eigene Exkursionen planen und durchführen. Ihre Erfahrungen werden wiederum im Rahmen der Übungseinheiten thematisiert.

Begleitet werden alle 12 Übungseinheiten durch ein integriertes, gruppenbasiertes Bewegungscoaching, in dem grundlegende Informationen zu Themen der Gesundheits- und Bewegungsförderung sowie Strategien zu mehr eigenständiger Aktivität im Alltag vermittelt werden.

Evaluation

Die Modellprojekte wurden vom Department für Sportwissenschaft und Sport (DSS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg initiiert und wissenschaftlich begleitet. Sie wurden bezüglich der Erreichung der Zielgruppe, Veränderungen der physischen und kognitiven Leistungsfähigkeit sowie des körperlichen Aktivitätsverhaltens vor und nach der Intervention evaluiert.

Durch GESTALT konnte gezeigt werden, dass die Implementation eines gezielten Bewegungsprogrammes zur Demenzprävention in die Praxis vollzogen werden kann. Durch die Erhaltung und sogar Verbesserung der kognitiven und physischen Leistungsfähigkeit trägt GESTALT dazu bei, dass ältere Menschen länger körperlich und geistig aktiv und unabhängig leben können. Dies beinhaltet auch das Potential zu erheblichen Kosteneinsparungen für das Gesundheitssystem.

Über die Hälfte der Teilnehmenden (60,5%) aus dem GESTALT-kompakt Modellprojekt haben durch die Beteiligung am Bewegungsprogramm GESTALT-kompakt neue Aktivitäten aufgenommen, die sie vorher noch nicht durchgeführt haben. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Exkursionen sowie die integrierte Bewegungsberatung die Aufnahme neuer Aktivitäten, und somit einen aktiven Lebensstil, fördern.

Eine sehr hohe Programmtreue, eine geringe Drop-out-Quote, positive Rückmeldungen der Teilnehmenden und der Wunsch nach einem Folgeangebot sprechen dafür, dass das Bewegungsprogramm GESTALT sehr gut angenommen wurde und sich positiv auf die Lebensqualität der Seniorinnen und Senioren auswirkte.

Nachhaltige Verankerung des Projekts – was kommt danach

Neben Förderungen durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (GESTALT 1) bzw. dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (GESTALT II & GESTALT-kompakt) sowie Projektförderungen durch die BARMER (GESTALT-Kompetenz-zentrum & GESTALT Scaling up) wird das Projekt GESTALT – Get 10 seit September 2020 durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag und mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Bündnis) für einen Zeitraum von vier Jahren (bis August 2024) gefördert. Im Rahmen des Projekts, soll das Bewegungsprogramm in zehn bayerischen Kommunen geplant, umgesetzt und langfristig verankert werden.

Um GESTALT über die Dauer einer Projektförderung hinaus in der kommunalen Präventionslandschaft zu etablieren und langfristig die Bewegungs- und Gesundheitschancen von Wenig- bzw. Nichtbewegerinnen und Nichtbeweger zu verbessern, sollten nicht nur die Bewegungskurse, sondern auch eine Koordinierungsstelle verstetigt werden. Auf die Bereitschaft zur dauerhaften Etablierung von GESTALT kann im Projektverlauf bereits frühzeitig hingearbeitet werden. Durch die Methode der kooperativen Planung werden u. a. gezielt Entscheidungstragende aus der Präventionspraxis eingebunden, um über deren Beteiligung Zugang zu den Strukturen der Kommune und der Anbietenden zu erhalten. Das langfristige Ziel besteht darin, personelle und finanzielle Ressourcen zu gewinnen, um die Aktivitäten rund um GESTALT aufrecht zu erhalten und z. B. auf weitere Stadtteile, Anbietenden oder Zielgruppen auszuweiten.

Sie haben Fragen?

Bei Fragen rund um das Projekt wenden Sie sich bitte an Frau Uta Barusel (Stadt Erlangen) oder Herrn Tobias Fleuren (Department für Sportwissenschaft und Sport).

Weitere Informationen finden Sie auch hier:

Department für Sportwissenschaft und Sport: www.gestalt.fau.de

Stadt Erlangen: www.erlangen.de

GESTALT-Manual: https://www.gestalt.fau.de/files/2022/07/FAU-GESTALT-projektmanual_0722_final_web.pdf