Gesunde Lebenswelten für Menschen in schwierigen Lebenslagen in Bayern – Neue Möglichkeiten im Rahmen des Präventionsgesetztes
Was hat sich seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention – dem Präventionsgesetz – im Juni 2015 in Bayern getan?
Am 25.11.2019 stellten sich drei aus dem Präventionsgesetz entstandene Projekte bei der Infoveranstaltung „Gesunde Lebenswelten für Menschen in schwierigen Lebenslagen in Bayern – Neue Möglichkeiten im Rahmen des Präventionsgesetzes“ in München vor:
- der Ausbau der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern
- das Projekt „Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung in der kommunalen Lebenswelt“ und
- das Programmbüro des GKV-Bündnisses für Gesundheit in Bayern
Das gemeinsame Ziel der drei Projekte: Die soziallagenbezogene Gesundheitsförderung von Menschen in schwierigen Lebenslagen stärken!
Andrea Wolff, Leiterin der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern (KGC), eröffnete die Infoveranstaltung mit ihrem Grußwort. Ziel der Infoveranstaltung war es, aufzuzeigen, mit welchen Anliegen und Strategien die Projekte arbeiten und welche Entwicklungen sich bereits ergeben haben. Der Fokus liegt dabei stets auf vulnerablen bzw. sozial benachteiligten Zielgruppen. Zu Beginn verschaffte ein Inputvortrag ein grundsätzliches Verständnis für die Thematik. Im Anschluss stellten sich die genannten drei Projekte vor. Rita Wüst, Leiterin des Projekts „Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung in der kommunalen Lebenswelt“, führte als Moderatorin durch den Tag.
Die soziale Lage als Determinante für Gesundheit
Die soziale Lage beeinflusst die Gesundheit der Menschen. Welche Determinanten können dabei Einfluss nehmen und was genau ist gesundheitliche Chancengleichheit? Dies verdeutlichte Kathrin Steinbeißer, Referentin der KGC Bayern, in ihrem Einstiegsvortrag. Sie gab einen Einblick in die vorherrschenden gesundheitlichen Herausforderungen in der Gesundheitsförderung von Menschen in schwierigen Lebenslagen und veranschaulichte bestehende gesundheitliche Ungleichheiten anhand von Zahlen für Bayern. Menschen in unteren Bildungsgruppen schätzen ihre Gesundheit beispielsweise schlechter ein als Menschen in oberen Bildungsschichten.
Kathrin Steinbeißer betonte, wie essenziell das Erreichen von Menschen mit den größten gesundheitlichen Problemen in der Gesellschaft sei, um eine Verbesserung der Gesundheit auf Populationsebene zu erreichen.
Langzeitarbeitslosigkeit und Erkrankungen – ein Teufelskreis?
Arbeitslosigkeit kann die psychische und physische Gesundheit negativ beeinflussen. Durch Arbeitslosigkeit entstehende Erkrankungen können wiederum die Wiederaufnahme einer Beschäftigung erschweren. Die Ausgangslage (langzeit-)arbeitsloser Menschen erscheint oft wie ein Kreislauf, bei dem sich die Faktoren (Langzeit-)Arbeitslosigkeit und Krankheit gegenseitig negativ bedingen. Die zwei Referentinnen des Projekts „Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung in der kommunalen Lebenswelt“ (Verzahnungsprojekt), Amelie Fürbeck und Sarah Ilgner, betonten in ihrem Vortrag, wie wichtig die institutionsübergreifende Zusammenarbeit sei, um die Gesundheit und Beschäftigungsfähigkeit arbeitsloser Menschen zu stärken.
Zu der Erreichung dieser Ziele werden an Jobcentern in Bayern Gesundheitsangebote für Erwerbslose geschaffen. Wesentliche Projektpfeiler sind dabei die Sensibilisierung für das Thema Gesundheit und die Partizipation der Zielgruppe bei der Angebotsentwicklung. Zudem sollen alle Aktivitäten in das lokale/regionale Setting eingebunden werden.
Ab Januar 2020 wird das Verzahnungsprojekt unter Leitung von Rita Wüst um sieben neue Standorte zu insgesamt 17 Standorten in Bayern erweitert.
Christina Endres vom Jobcenter München berichtete aus der Praxis der Zusammenarbeit im Verzahnungsprojekt und über ihre positiven Erfahrungen aus der partizipativen Arbeit: „Ich rate jedem Projektstandort, einen solchen [partizipativen] Workshop durchzuführen“.
Herr Markus Leng vom Jobcenter Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim und
Stefanie Schindler von der Gesundheitsregionplus Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim berichteten unter anderem, dass sie als Jobcenter v. a. ein vielseitiger Ansprechpartner für ihre Kunden sein wollen. Sie führten bereits erfolgreich einen JobFit-Kurs mit guter Resonanz durch, weitere Maßnahmen sind geplant.
Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern – Unterstützungsstruktur für die Arbeit vor Ort
Carina Steidle stellte die Aufgaben der KGC Bayern vor. Zu diesen gehören die Beratung und Begleitung von Akteurinnen und Akteuren, die Durchführung von Fortbildungen und Schulungen, die Teilnahme an Veranstaltungen und auch die Organisation von eigenen KGC-Veranstaltungen. Ein Kernstück ist die Veranstaltungsreihe „Gesundheitliche Chancengleichheit in allen Lebensphasen. Wo stehen wir? Wo wollen wir hin?“. Diese sogenannten Fachforen richten sich u. a. an regionale Gremien, Organisationen und Personen aus Politik, Wissenschaft und Praxis auf Ebene der Regierungsbezirke in Bayern.
Eine sehr erfreuliche Entwicklung stellen zwei aus dem ersten Fachforum „Gesundheitliche Chancengleichheit in der Oberpfalz“ (Juli 2018, Regensburg) entstandene Aktionsgruppen dar. Engagierte Haupt- und Ehrenamtliche setzen sich seit dieser Zeit fortlaufend für das gesunde Altern auf dem Land/in der Stadt ein. Brigitte Bohmann, Gesundheitsbotschafterin der Gemeinde Zell und Vertreterin der Aktionsgruppe „Gesundes Altern auf dem Land in der Oberpfalz“, berichtete davon, dass sie die Netzwerktreffen der Aktionsgruppe als sehr hilfreich für das Erkennen von Bedarfen und das Entwickeln von Ideen empfindet. Auch Marianne Spahn, Präventionsmanagerin der Regierung der Oberpfalz, ist von den Entwicklungen in ihrem Regierungsbezirk begeistert und bedankte sich für das Unterstützungsangebot der KGC Bayern: „Man braucht einen Kümmerer, der die Fäden in die Hand nimmt!“.
Wie der Weg von einer Projektidee zu einer Projektförderung durch die Geschäftsstelle Landesrahmenvereinbarung Prävention (LRV) führen kann, erklärte Carolin Bosch und freute sich über das erste durch die LRV Bayern geförderte Projekt „Stark durch Bewegung“. Sarah Zimmermann vom Gesundheitsamt der Stadt Augsburg und Christina Rogler von der Universität Augsburg gaben als Projektverantwortliche Einblicke, wie ein förderfähiges Praxisprojekt aufgebaut werden kann und mit „Stark durch Bewegung“ Frauen in schwierigen Lebenslagen zu mehr körperlicher Aktivität motiviert werden können.
Förderungen zur Stärkung der kommunalen Prävention und Gesundheitsförderung
Regina Köpf, Leiterin des Programmbüros des GKV-Bündnisses für Gesundheit in Bayern, gab einen Überblick über die neuen Möglichkeiten einer Projektförderung innerhalb des Kommunalen Förderprogramms des GKV-Bündnisses für Gesundheit.
Ein Strang des Kommunalen Förderprogramms ist der kommunale Strukturaufbau. Dieses Programm richtet sich in Bayern an 19 Landkreise und kreisfreie Städte, die auf Basis ihres Deprivationsgrades (GISD des Robert Koch-Instituts) als sozial benachteiligt eingestuft wurden. Der zweite Strang des Kommunalen Förderprogramms des GKV-Bündnisses für Gesundheit fördert zielgruppenspezifische Interventionen. Ein Ziel ist dabei die Verminderung sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit durch bessere Erreichung vulnerabler Zielgruppen.
Mit viel Input zu den verschiedenen Fördermöglichkeiten und interessanten Einblicken aus der Praxis ging der Infonachmittag der LZG Bayern zu Ende. Andrea Wolff bedankte sich für die Ausdauer und die Einsatzbereitschaft der Teilnehmenden. Die Referentinnen stehen bei Fragen und Anregungen gerne zur Verfügung. Außerdem finden Sie weitere Informationen zu den drei Projekten sowie Fördermöglichkeiten auf unserer Homepage.
Vorträge
Gesundheitliche Chancengleichheit – Zusammenhänge zwischen sozialer Lage und Gesundheit (PDF)
Kathrin Steinbeißer, Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern
Förderung von Projekten gemäß Landesrahmenvereinbarung Prävention Bayern (PDF)
Carolin Bosch, Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern
Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung in der kommunalen Lebenswelt – Praktische Erfahrungen mit Präventionsangeboten für (Langzeit)Arbeitslose in Bayern (PDF)
Amelie Fürbeck und Sarah Ilgner, Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung in der kommunalen Lebenswelt
Modellprojekt Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung im
Jobcenter München (PDF)
Christina Endres, Jobcenter München
Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung im Landkreis Neustadt a.d.Aisch -Bad Windsheim (PDF)
Markus Leng, Jobcenter Landkreis Neustadt a.d.Aisch – Bad Windsheim und
Stefanie Schindler, Gesundheitsregionplus Landkreis Neustadt a.d.Aisch – Bad Windsheim
Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern – Unterstützungsstruktur für die Arbeit vor Ort (PDF)
Carina Steidle, Kathrin Steinbeißer, Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern
Das Kommunale Förderprogramm des GKV-Bündnisses für Gesundheit – Neue Unterstützungsangebote der gesetzlichen Krankenkassen zur Stärkung der kommunalen Prävention und Gesundheitsförderung (PDF)
Regina Köpf, Programmbüro des GKV-Bündnisses für Gesundheit in Bayern